If you want to know what is true and what not, you can fuck off
Every society clings to a myth by which it lives. »Over the past 30 years, most people have chosen to pursue the rewards of conformity. What they have been left with are ugly and stupid lives, ugly and stupid places and a planet pushed to the very edge of destruction by capitalism´s efforts to keep feeding them new promises of consumable happiness - hiding the most awful debauchery of thought, feeling, attitude and actions, or at the very best a cheerless emptiness.«(2) »All information about anything now has this nothing-means-anything-so-there-is-no-point-in-genuinely-thinking-about-it-just-consume-it-slant«.(3) It fits the present widespread attitude of obedience to the market. The supposedly urgent relevance of current institutional postmodernism really only consists of fake perpetual freshness as you look at fashion/art magazines and enjoy being consciously manipulated by them. They order you what to think and what not to think, but its overriding rationale is commercial. Thus everything became advertising for something.
»Paintings are mediated in exactly the same ways as cars«(4), women and yachts. An abstract painting is the same type of cliché as a women`s lingerie advertisement. »The only mode of conflict left for artists at present is in clarifying how art is nothing but commodified aesthetic cultural signifiers«(5) geared towards mirroring the stupid game of the art market as an expression of capitalism´ at its most beautiful. »And a further irony is that this critique of critique-marketing, as well as the economic Marxist tradition that it comes from, is already on sale back to speculators.«(6) Critical art might be another mass-media construction as the critique is unmasked as spectacle.
What is this media hype but institutional self-consciousness just to guarantee the perpetuation of its machinery? Where is an inherently critical gesture mimicking the controversial strategies of mega-corporations, institutions and experts? A wealthy elite has invested in arbitrary phenomena far removed from anything and those in charge of the theoretical side of academia fall over backwards to take this joke seriously. On whom is the joke anyway since parody came back to haunt us as reality?
What are the new values and visions of the world that the new power system of lawyers, finance and media seeks to impose? »In the art industry we know now, cultural capital is much closer to stored money than what Bourdieu proposed. And perhaps one could go so far as to say that the art market per se, in sense of selling pictures, is no longer what is at stake, though money and capital are.«(7) Would you be able to tell the difference between this reality and a lucid dream? Truth is a concept that has pretty much been abandoned. It means nothing now. We no longer use it. Shatter discourse in order to bring forth speach and turn its contradictions into a narrative. Expropriate the expropriaters and »feed the art world to the art world.«(8)
Luther Blissett
(1) from »Adbusters«, 2010
(2) from »Art Review«, Great Critics
(3) from »Merlin Carpenter and Isabelle Graw, Vienna Secession«
(4) from Melanie Gilligan on Merlin Carpenter.com
(5) from Merlin Carpenter, »The tail that wags the dog«, 2008
(6) Ibid
(7) Ibid
Das System der Massenmedien prozessiert seine eigene Realität
Ist die beste Subversion nicht die, Codes zu entstellen, statt sie zu zerstören?
(Roland Barthes)
Die Medienkommunikation muß sich, wie alles andere auch, zunehmend an der Profitabilität messen lassen. Einschaltquoten, Anzeigenkunden, Werbung und Infotainment legen nahe, dass sich das Sinnkonstituierende des Systems zugunsten einer Fremdsteuerung auflöst.
Alles ist Werbung, wenn es um Kommunikation geht.
Foucault ging davon aus, dass die Dinge der Welt nicht per se Bedeutung haben, sondern ihnen Bedeutung erst zugeschrieben wird. Werbung ermöglicht es daher, dass ein Produkt wesentlich mehr ist als sein Nutzwert. Die Identifikation mit einem Produkt, genauer: einer Marke, ermöglicht unabhängig vom Kauf das Eintauchen in einen gewaltigen Horizont von Zeichen, die auf immer wieder andere Zeichen verweisen.
Es gibt kein Jenseits der Medien mehr. Das System der Massenmedien kreiert Ereignisse und schafft dadurch weitere Realitäten zu konstruieren. Werbung, die ursprünglich nur ein Produkt anpreisen sollte, wird selbst zum Produkt und Thema. Dadurch ermöglicht sie der Gesellschaft, sich selbst zu beobachten. Allerdings bewirkt der Umweg über die Massenmedien, dass die Gesellschaft nicht sich, sondern ein Bild von sich betrachtet: eine massenmediale Wirklichkeit, die für sich steht und der niemand entkommen kann.
»Kommuniziert wird nicht mehr zu den Bedingungen des Menschen, sondern zu denen der jeweiligen Medientechnik.«(2) »Anders als die sozialen Systeme Wirtschaft, Politik, Recht, Kunst etc., die nach je eigenen Prinzipien sich selbst erzeugend arbeiten und sich gegen die Umwelt, also auch die anderen Systeme, abschließen, sind Massenmedien mit allen anderen sozialen Systemen vernetzt. Sie berichten über Wirtschaft, Politik, Recht, Kunst etc.«(3) Für das Gesellschaftssystem aber ist der Solipsismus einzelner Systeme, die nur mehr über die Massenmedien für einander erreichbar sind, gleichbedeutend mit dem Kollabieren des Ganzen. In dem Augenblick, in dem die Herstellung von Sinn und Gemeinsinn (Unsinn) nicht mehr aufrechtzuerhalten ist, ist die Grundbedingung einer Gesellschaft nicht mehr erfüllt. Stattdessen kreist sie in sich selbst, verhaust in der leeren Immanenz medial erzeugter
Bild-Sprache.
Die Inszenierung der Realität war schon immer eine Fiktion und gehört wie alle fiktionalen Entwürfe in ein Kunstsystem. Da der Kunstbetrieb, um in Betrieb zu bleiben, nichts so sehr braucht wie den Betrieb, ist der zur Totalität gewordene mediale Konsum davon, die neue Bedeutungsebene, auf der sich alles abspielt. »Unsere Lust am Leben bemißt sich daher– wie Gabriel und Lang (2008) bemerkten – an der Quantität und Qualität des Konsums. Und unseren Erfolg leiten wir daraus ab, wie gut es uns als Konsumenten geht: »mein Haus, mein Auto, mein Boot, mein Bild«.(4) Glaubwürdigkeitslieferanten legitimieren den Marktwert, der Marktwert bestimmt den Preis, der Preis kamoufliert die Macht. Ohne die Behauptung von Autorität – die Sache der Institutionen – ist der Gegenstand von Kunstgenuss für das interessierte Publikum nicht zu haben. Und schon gar nicht die Verwandlung von Bedeutung in Wert. VW wirbt für den Polo in Frankreich, in Anlehnung an »René Magritte«, mit der Parole »Je ne suis pas une voiture«. Citroen hat seinen Kleinwagen »Picasso« genannt und ein echter »Picasso« hat heute dieselbe Bedeutung wie ein Bild von »Kippenberger«.
Das einzige was sie unterscheidet, ist der Preis – und weil die Bedeutung (die Geschichte gegen die Geschichten) eine leere Behauptung geworden ist, ist der Preis das einzige, was sie miteinander in Beziehung setzt. Der Preis hat die Macht übernommen und jeden Aspekt des Daseins in eine Ware verwandelt, als Gleichgültigkeit gegenüber allen Unterschieden außer denen des Geldes. Aber weil er alles kaufbar gemacht hat, hat er auch alle Alternativen zum Verschwinden gebracht. »Die durch Sprechakte geschaffenen institutionellen Tatsachen sind der Klebstoff der menschliche Gesellschaften zusammenhält. Wir halten die soziale Welt für so gegeben wie die von uns gemachten Autos. Doch unsere Institutionen sind rein deklarativ, sie sind Produkte mächtiger Phantasie«.(5) Geld ist Geld, weil wir das Papier auf dem es gedruckt ist, für Geld halten. Es ist wie Kunst nur eine Behauptung. »Und nur solange jeder diese Phantasie teilt und ihr vertraut, funktionieren diese Produkte; wird die Phantasie unglaubwürdig, bricht das gesamte System auseinander.«(6) Dann bemerken wir, dass die ganze Welt eigentlich ein Konstrukt ist, vollkommen künstlich, eine Art Gesellschaftsspiel. Was bleibt, ist, dies vorzuführen. Unsinn war schon immer eine vollkommen unterschätzte Qualität. Goodbye and good luck.
Luther Blissett
(Titel) Matthias Eckoldt, »Medien der Macht/Macht der Medien«, 2007
(2) Matthias Eckoldt, »Medien der Macht/Macht der Medien«, 2007
(3) Jörg Plath rezensiert Matthias Eckoldt, »Medien der Macht/Macht der Medien«
(4) Christian Blümelhuber, »Seriell!«, 2010
(5) Willy Hochkreppel rezensiert John R. Searle, »Die Konstruktion der gesellschaftlichen Wirklichkeit,
SZ 2011«
(6) Ebd.